Vortrag Planetenforschung – Kontext und Perspektive für die Erde
(Text: Volker Duda)
Am 20. März 2024 hielt Herr Prof. Dr. Harald Hiesinger im Großen Hörsaal der Geographie auf Einladung des Freundeskreises des Marburger Mineralogischen Museums einen Vortrag zum Stand der Planetenforschung in unserem Sonnensystem.
Der Referent hat in den 80er Jahren in München Geologie studiert und sich bereits anlässlich seiner Promotion 1999 in Berlin mit Methoden der Fernerkundung lunarer Basalte beschäftigt. 2006 erhielt er eine Professur für Geologische Planetologie an der Westfälischen Wilhelms Universität in Münster, wo er noch heute tätig ist. Durch seine Zusammenarbeit mit inter/nationalen Weltraumbehörden erhielt er neben anderen auch bereits Auszeichnungen durch die ESA und die NASA. Für die Verdienste um die Erforschung der Asteroiden Vesta und Ceres machte ihn zudem die Internationale Astronomische Union (IAU) 2014 offiziell zum Namenspatron des 26.811ten Asteroiden, der jetzt „26.811 Hiesinger“ heißt. Aktuell beschäftigen ihn insbesondere die Mitarbeit an Projekten zur Erkundung des Mars und des Merkur.
Prof. Hiesinger konzentrierte sich bei seinen Ausführungen auf die inneren Gesteinsplaneten Merkur, Venus, Erde und Mars sowie die Monde der letzten zwei genannten. Die aus der Erforschung der Planeten gewonnenen Erkenntnissen lassen Schlüsse zu auf die Vergangenheit und eine mögliche Zukunft der Erde. Da unser Heimatplanet sich geologisch in einem ständigen Wandel befindet, können vor Ort weiter zurück liegende Ereignisse nicht ausreichend genug belegt werden. Unsere Nachbarplaneten können aber zum Teil diese Wissenslücken füllen. Während der Mars seine Atmosphäre so gut wie verloren hat und erkaltet ist, zeigt die heiße Venus mit ihrer CO2 reichen Atmosphäre, was der Treibhauseffekt mit einem Planeten machen kann. Dies ist im Anbetracht des viel diskutierten Klimawandels ein beängstigendes Szenario.
Während der Mars lediglich zwei kleine Monde (Phobos und Deimos = Furcht und Schrecken) besitzt, ist der Erdmond dagegen relativ gesehen sehr groß. Er stabilisiert die Erdachse und ist auch verantwortlich für die Gezeiten Ebbe und Flut auf der Erde. Somit wird er mit verantwortlich gemacht für die Entstehung bzw. Entwicklung von Leben, wie wir es kennen. Das äußere Erscheinungsbild des Mondes mit seinen hellen und dunklen Partien ist geologisch geprägt durch Basalte (dunkel) und Anorthosite (hell). Daneben prägen multiple Impakt-Krater sein Aussehen. Durch die geologische Aktivität auf der Erde finden sich zum Beispiel in Deutschland mit dem Nördlinger Ries und dem Steinheimer Becken lediglich zwei Impakt-Krater, die aber z.B. für das Feldarbeits-Training von Astronauten genutzt werden.
Während vom Mars bislang nur oberflächliche Gesteinsproben untersucht werden konnten, kann der bereitstehende ExoMars Rover Rosalind Franklin bis in 3 m Tiefe bohren. Dieser Rover sollte bereits 2018 starten. Der Start wurde dann auf 2022 verschoben. Da allerdings 2022 die Zusammenarbeit der ESA mit Roskosmos aufgekündigt wurde, hofft man jetzt auf einen Start mit Unterstützung der NASA im Jahr 2028. Durch die Möglichkeit, tiefere Gesteinsschichten zu analysieren, verspricht man sich wesentliche Zusatzerkenntnisse über die Vergangenheit des Mars. Es bleiben ja unter anderem noch die Fragen zu beantworten, ob der Mars im Laufe seiner Existenz eine Atmosphäre, Ozeane und ggf. sogar Leben in welcher Form auch immer besessen hat.
Zwischen Venus und Sonne kreist der Merkur, der mit recht dünner Mantelschicht, aber außerordentlich dichtem Kern eine Besonderheit darstellt. Im Oktober 2018 startete das Raumschiff BepiColombo – benannt nach dem Wissenschaftler Guiseppe (Spitzname Bepi) Colombo – in Richtung Merkur. Mit an Bord war MERTIS (Mercury Radiometer and Thermal Infrared Spectrometer), bei dem die Arbeitsgruppe um Prof. Hiesinger zusammen mit Kollegen am DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in Berlin für die wissenschaftliche Leitung dieses Instruments verantwortlich ist. Ziel der Mission, die von der ESA (European Space Agency) und der JAXA (Japan Aerospace Exploration Agency) durchgeführt wird, ist es, im Dezember 2025 eine Umlaufbahn um den Merkur zu erreichen. Dabei müssen einige Umwege in Kauf genommen werden, damit BepiColombo auch wirklich in den Orbit des Merkurs gelangen kann und nicht zum Beispiel der Anziehungskraft der Sonne anheimfällt.
Der mit etwa 100 Zuhörern fast voll besetzte Hörsaal lauschte gebannt den Ausführungen von Prof. Hiesinger und hatte auch danach in einer lebhaften Diskussion noch einige spannende Fragen z.B. nach dem Nachweis von Leben im All an den Experten.