Freundeskreis des Mineralogischen Museums Marburg e.V.

2021






Museum im Dornröschenschlaf?

(Text und Fotos: Dr. Volker Duda)

Wer länger nicht am Firmaneiplatz vorbeikam, wird vielleicht sehr erstaunt sein über die dortige Baustelle. Es war durchaus zur Gewohnheit geworden, dass dort immer mal wieder archäologische Grabungen stattfanden. Aber jetzt geht das doch deutlich über solche Vorhaben hinaus. Und richtig, hier tut sich aktuell etwas anderes (Abb. 1).

Vielleicht kommt dem nicht Informierten in den Sinn, es könnte etwas mit der vorübergehenden Schließung des Mineralogischen Museums und den damit verbundenen Umbaumaßnahmen vom alten Kornspeicher und Backhaus des Deutschen Ordens zu tun haben. Das 1515 erbaute Gebäude war ja 1880 in den Besitz der Marburger Philipps-Universität übergegangen und schon seit 1917 unter anderem als Lager für die mineralogische Sammlung benutzt worden. Ab 1968 erfolgte dann der Ausbau zum Mineralogischen Museum, das 1977 anlässlich der 450-Jahr Feier der Universität der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde. Die Nutzung des schönen alten Gebäudes brachte schon immer große Herausforderungen mit sich, da es über eine lange Zeit seines Bestehens z.B. nicht beheizt worden war bzw. werden konnte. Daher wunderte es nicht, dass es Anfang 2020 aus Brandschutzgründen für den Publikumsverkehr geschlossen wurde.

Versuche, über die Firmaneistraße zum Museum zu gelangen, fordern aktuell Geduld oder detailliertere Ortskenntnisse. Von der einen Seite ist die Baustelle abgesperrt, von der anderen ist durch genderspezifische Verkehrsschilder Männern der Zugang verweigert und Frauen mit Kindern wird der Weg vom Museum weggewiesen (Abb. 2).

Die Brandschutzproblematik wird dem Betrachter auch sehr bewusst, wenn es dann schließlich doch bis zum Museum geschafft wurde (Abb. 3).

Aber nun wurde genug gelästert. Wir stehen vor dem Museum und es führt auch ein Baustellen-Brücklein zum Eingang (Abb. 4).

Abb. 1: Baustelle Firmaneiplatz (von links nach rechts: eingezäunte Sandrose am Museum, ehemalige Kinderklinik, ehemalige HNO-Klinik und das alte Physiologie-Gebäude)

Abb. 1: Baustelle Firmaneiplatz (von links nach rechts: eingezäunte Sandrose am Museum, ehemalige Kinderklinik, ehemalige HNO-Klinik und das alte Physiologie-Gebäude)

Abb. 2: Kein Durchgang zwischen dem Mineralogischen Museum rechts und der ehemaligen Kinderklinik links?

Abb. 2: Kein Durchgang zwischen dem Mineralogischen Museum rechts und der ehemaligen Kinderklinik links?

 

Abb. 3: Rettungsweg, welcher Rettungsweg?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 3: Rettungsweg, welcher Rettungsweg?

Abb. 4: Hurra!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 4: Hurra!

 

An der Tür nach wie vor der Hinweis, dass das Museum aktuell geschlossen ist. Aber was tut sich hinter geschlossenen Türen? Etwa seit gut anderthalb Jahren nichts? Dieser Frage wollten wir vom Freundeskreis des Mineralogischen Museums Marburg e.V. mal wieder nachgehen. Schließlich unterstützt unser Verein seit seiner Gründung im Jahr 1990 dieses Museum. Nach vorheriger Absprache empfing mich am 28. Juli 2021 der Museumsleiter Dr. Sebastian Müller.

Schnell wurde im Gespräch klar, das Museum hält keinen Dornröschenschlaf und wartet darauf, dass der Fluch gebannt und es wach geküsst wird. Nein, das Museum lebt und bereitet sich auf seine Wiedereröffnung vor. Dr. Müller hält dabei Kontakt zu anderen Kustoden mineralogischer Sammlungen, die auch mit der vorübergehenden Schließung ihrer Einrichtungen zu kämpfen haben, wenn auch aus anderen Gründen wie z.B. durch die Corona-Pandemie. Neben der Ordnung und Sichtung von Sammlungen aus privater Hand, die dem Museum auch in jüngster Zeit übergeben wurden, stellt die digitale Inventarisierung der gesamten Sammlung einen wichtigen Teil seiner Arbeit dar. Ihm ist besonders daran gelegen, die Inventarisierung nicht als Selbstzweck zu betrachten. Nein, so eine immense Arbeit lohnt sich nur dann, so Dr. Müller, wenn es dazu führt, dass das gezielte Suchen z.B. nach bestimmten Mineralien oder Fundorten schnell zu einem Erfolg führen. Wir erinnern uns noch gut an die mühsame und z.T. detektivische Suche von Prof. Masberg, dem Vorgänger von Dr. Müller, nach Vorlagen aus Marburg für „Brauns Mineralreich“ (siehe Homepage-Beitrag aus dem Jahr 2016). Zum Thema Digitalisieren sei darauf hingewiesen, dass auch die Homepage des Museums aktuell ein Update erfahren hat. Aber nicht genug damit, denn vom 17.-19. September 2021 wird in Marburg die Tagung „Digitales Kuratieren“ stattfinden. Es ist die 12. Sammlungstagung und die 9. Jahrestagung der Gesellschaft für Universitätssammlungen e.V. Begleitend zu dieser Tagung wird am 15. September 2021 die Ausstellung „Spuren lesen: Objekte erzählen. Marburger Universitätssammlungen digital“ eröffnet. Dabei werden Ausstellungsobjekte nicht nur im virtuellen, sondern auch im realen Raum und zwar in der Universitätsbibliothek zu sehen sein. Das Mineralogische Museum zeigt dabei einen wunderschönen großen Fluorit Kristall. Fluorit war ja erst letztes Jahr von der Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie (VFMG) zum Mineral des Jahres gekürt worden.

Während die geplante und wie wir wissen im Bau befindliche Ruhezone zwischen Elisabethkirche, Geographie, Mineralogischem Museum, Firmaneiplatz, Uni-Bibliothek und Altem Botanischen Garten Form annimmt, hat Dr. Müller auch Ideen zur Steigerung der Außenwirkung des Museums z.B. im eben erwähnten Botanischen Garten.

Nun aber noch einmal zurück zum Museum selbst. Zum Umbau unter Denkmalschutz- und Brandschutz-Auflagen gibt es bereits konkrete Pläne. Zunächst mussten diese aber einer Überprüfung der Statik des Gebäudes unterzogen werden. Dazu wurden in den einzelnen Etagen an den geplanten Stellen (Abb. 5) Deckendurchbrüche vorgenommen, die bestätigten, dass von dieser Seite dem Umbau nichts im Wege steht (Abb. 6).

vom Umbau betroffene Fläche im 1. Saal; am Boden und in der Decke die abgedeckten Flächen

Abb. 5: vom Umbau betroffene Fläche im 1. Saal; am Boden und in der Decke die abgedeckten Flächen, unter denen sich die Probeöffnungen zur Statikprüfung befinden

Abb. 6: eine der Deckenöffnungen, die die in den 60er und 70er Jahren vollzogenen Umbaumaßnahmen vor der Eröffnung des Museums zeigen

Abb. 6: eine der Deckenöffnungen, die die in den 60er und 70er Jahren vollzogenen Umbaumaßnahmen vor der Eröffnung des Museums zeigen

 

Abb. 7: die vorübergehend umquartierte Turmalin-Sammlung

Abb. 7: die vorübergehend umquartierte Turmalin-Sammlung

Die Erstellung eines neuen Treppenhauses im Gebäude soll dazu führen, dass das Tor links neben der jetzigen Eingangstür (Abb. 4) zum neuen Eingang und die alte Wendeltreppe im Turm zum Notausgang umfunktioniert wird.

Im Rahmen dieser Planungen wurde die Turmalin-Sammlung der Ingrid und Reinhard Balzer Stiftung schon mal vorsorglich an anderer Stelle deponiert, damit den kostbaren Stücken nichts passiert (Abb. 7).

Durch die Baumaßnahmen am Firmaneiplatz werde, so Dr. Müller, gelegentlich auch mal das ganze Museumsgebäude erschüttert, wobei er aber bei seinen routinemäßigen Kontrollgängen noch nicht bemerkt hätte, dass eine Stufe beschädigt worden oder umgekippt sei.

Auch wenn sich die Umgestaltung des Platzes vor dem Museum Corona-Pandemie bedingt nicht wie geplant 2020 fertig stellen ließ, ist doch zu hoffen, dass es weiter voran geht, so dass dann auch das Museum nicht mehr so lange auf seine Wiedereröffnung warten muss. Dass es sich aber nicht in einem Dornröschenschlaf befindet, davon konnte ich mich persönlich überzeugen. Herr Dr. Müller hat jedenfalls genug Projekte für „unser Museum“ parat, bei dem wir als Freundeskreis auch weiterhin gefordert sein werden.